Kann ein Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen, bleibt in vielen Fällen nur noch eine Möglichkeit: Der Gang zum Insolvenzgericht. Doch was genau bedeutet Insolvenz eigentlich? Wie läuft das Konkursverfahren ab? Und wie kommt es überhaupt soweit, dass ein Unternehmen in der Schweiz Insolvenz anmelden muss?
Was ist eine Insolvenz?
Insolvenz, auch als Konkurs bezeichnet, bedeutet, dass ein Unternehmen nicht mehr dazu in der Lage ist, den laufenden Zahlungsverpflichtungen und Verbindlichkeiten gegenüber seinen Gläubigern nachzukommen. Es ist also zahlungsunfähig. Dies führt in vielen Fällen zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens, mit dem die Vermögenswerte verwaltet und die Gläubiger bedient werden.
Wie kommt es zu einer Insolvenz?
Fast jedes Unternehmen, egal ob gross oder klein, hat irgendwann mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Manchmal reichen diese Schwierigkeiten so weit, dass das Unternehmen in einen finanziellen Engpass gerät. Schafft es das Unternehmen nicht, diesen schnell genug zu überwinden, kann es im weiteren Verlauf zur Zahlungsunfähigkeit und schliesslich zur Insolvenz kommen.
Doch woran liegt es, dass ein Unternehmen in derartige Schwierigkeiten gerät, obwohl es zuvor vielleicht sogar sehr gut performt hat? Die Insolvenz eines Unternehmens kann viele Gründe und Ursachen haben. Zu den häufigsten Gründen zählen:
- Schlechte Wirtschaftslage: Eine schlechte Wirtschaftslage führt meist zu einem rasanten Anstieg von Insolvenzfällen. Denn die Nachfrage nach Produkten sinkt, während häufig die Betriebskosten steigen und der Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten erschwert wird – diese Situation konnte man beispielsweise während der Pandemie beobachten.
- Falsche Entscheidungen der Geschäftsführung: Setzt die Geschäftsführung die Prioritäten falsch, kann dies schwerwiegende Folgen für das Unternehmen haben. Ein Beispiel hierfür ist, dass Entscheidungen, die zum Wohle des Unternehmens getroffen wurden, über Bord geworfen werden, um einzelne Kunden zufriedenzustellen. Der kurzfristige Effekt wird dabei über den langfristigen Erfolg gestellt.
- Fehlendes Controlling: Insbesondere als Gründer eines Kleinunternehmens ist es oft schwierig, am Ende des Tages noch Zeit zu finden, die Unternehmensabläufe zu planen und zu koordinieren. Doch wenn man keine klaren Ziele definiert und regelmässig kontrolliert, kann man schnell übersehen, dass man sich in einer Sackgasse befindet.
- Mangelhaftes Forderungsmanagement: Muss man wiederholt über längere Zeit auf Zahlungseingänge von Kunden warten, kann das vor allem bei kleinen bis mittleren Unternehmen die Liquidität und somit auch die Existenz gefährden.
- Fehlinvestitionen: Investitionen sind für den Erfolg eines Unternehmens erforderlich. Allerdings gilt es, den richtigen Zeitpunkt abzupassen und die richtige Menge zu investieren. Gerade Kleinunternehmen haben häufig das Problem, dass sie nicht über ausreichende Mittel verfügen, um eine umfangreiche Marktforschung betreiben zu können. Dies kann Fehlinvestitionen begünstigen.
- Späte Reaktion auf verändertes Marktumfeld: Der Markt befindet sich in ständigem Wandel. Schafft ein Unternehmen es nicht, rechtzeitig auf Veränderungen zu reagieren, kann es schnell passieren, dass es der Konkurrenz nicht mehr hinterherkommt.
- Falsche Produktionsplanung: Mangelnde Beobachtung des Marktes und Ignorieren von Trends in der Absatzentwicklung können dazu führen, dass ein Unternehmen verhältnismässig viele absatzschwache Produkte im Sortiment hat, die nicht durch absatzstärkere Produkte subventioniert werden können.
- Veraltete Technologien oder Anlagen: Verwendet ein Unternehmen für die Produktion veraltete Technologien oder Anlagen, kann dies dazu führen, dass die Produkte gegenüber der Konkurrenz unterlegen sind, beziehungsweise unverhältnismässig viel kosten.
Nur in wenigen Insolvenzfällen ist ein einziger dieser Faktoren die Ursache für den Konkurs. Stattdessen führt meist eine Kombination mehrerer Gründe zum Absturz des Unternehmens.
Welche Bestimmungen enthält das Konkursrecht in der Schweiz?
Das Schweizer Konkursrecht wird im Schweizerischen Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG) geregelt. Dieses Gesetz enthält Bestimmungen und Verfahren für Insolvenzfälle von Unternehmen wie auch von natürlichen Personen (wie beispielsweise Einzelunternehmen).
Voraussetzungen für das Konkursverfahren
Voraussetzung für ein Konkursverfahren ist, dass das Unternehmen überschuldet ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Wert seiner Vermögensgegenstände (auch als Aktiven bezeichnet) weniger beträgt als Schulden vorhanden sind.
Möglichkeit der Konkursvermeidung
Als Unternehmer hat man in manchen Fällen die Möglichkeit, einen Konkurs zu vermeiden. Und zwar dann, wenn man sich mit den Gläubigern gütlich einigen kann. Voraussetzung dafür ist, dass mittelfristig die Aussichten für die Sanierung des Unternehmens vielversprechend aussehen.
Dann kann es zu einer Stundung der Zahlungen (Zahlungsaufschub des noch offenen Betrags) oder zu einem Teilschuldenerlass (der Gläubiger verzichtet auf einen Teil seiner Forderungen) kommen. Diese Einigung wird in der Rechtssprache als «Nachlassvertrag» bezeichnet.
Behandlung von Vermögenswerten während des Konkursverfahrens
Sobald das Konkursverfahren eröffnet wird, verliert das Unternehmen sämtliche Rechte, Geschäfte zu machen. Es wird sofort komplett stillgelegt. Die Firmenleitung verliert zugleich das Recht, auf die Vermögenswerte des Unternehmens zuzugreifen. Zu den Vermögenswerten zählen unter anderem Bankkonten, Produktionsmaschinen und Immobilien.
Verteilung der Konkursmasse an die Gläubiger
Kommt es zu einem Konkurs, werden bei der Verteilung des Vermögens (auch «Konkursmasse» genannt) nicht alle Gläubiger gleich behandelt. Stattdessen erfolgt eine Aufteilung in drei Rangklassen:
- Erste Klasse: z.B. Lohnzahlungen der Angestellten und Ansprüche von Versicherten aus der Unfallversicherung.
- Zweite Klasse: z.B. Steuerforderungen nach dem Mehrwertsteuergesetz und Beitragsforderungen von Versicherungen.
- Dritte Klasse: z.B. Forderungen von Kunden und Lieferanten.
Umgang mit den Restschulden
Eine sehr wichtige Regelung, die allerdings vielen Kleinunternehmern unbekannt ist, betrifft den Umgang mit den Schulden, die nicht durch die Konkursmasse beglichen werden können.
Dabei wird unterschieden, ob der Unternehmer unabhängig von seinem Unternehmen als pfändbarer Schuldner betrachtet wird oder nicht:
a) Handelt es sich beim Unternehmer um eine juristische Person, was dann der Fall ist, wenn das Unternehmen beispielsweise als GmbH oder AG eingetragen ist, betreffen die Schulden ausschliesslich das Unternehmen. Existiert das Unternehmen nicht mehr, gibt es auch die Schulden nicht mehr. Die verbleibenden Schulden werden, sobald das Konkursverfahren beendet ist, gelöscht.
b) Wird der Unternehmer allerdings als natürliche Person angesehen, was bei einer Einzelfirma der Fall ist, dann muss er mit seinem Privatvermögen für die Schulden aufkommen. Die Gläubiger erhalten während des Konkursverfahrens gemäss Art. 265 SchKG einen Verlustschein, auf dem die noch ausstehende Summe aufgeführt wird. Anhand dieses Verlustscheins haben die Gläubiger das Recht, auch nach Abschluss des Konkursverfahrens ihre Forderung durchzusetzen, sofern die insolvente Person wieder zu neuem Vermögen gelangt.
Sind gewisse Voraussetzungen erfüllt, kann allerdings eine Restschuldbefreiung gewährt werden. Dadurch werden natürliche Personen, die als Inhaber von Kleinunternehmen tätig sind, von den Schulden, die nach dem Insolvenzverfahren noch offen sind, befreit.
Wie läuft ein Konkursverfahren ab?
Ist ein Unternehmen nicht mehr zahlungsfähig, gibt es meist nur noch eine Möglichkeit: Das Insolvenzverfahren.
Gemäss Art. 39 SchKG unterliegen Schweizer Kleinunternehmen, die im Handelsregister eingetragen sind, der Konkursbetreibung, während private Schuldner der Betreibung auf Pfändung unterliegen.
In der Regel läuft das Konkursverfahren in den folgenden Schritten ab:
1. Konkurserklärung beziehungsweise Konkursbegehren
Es gibt zwei Möglichkeiten, wie ein Konkursverfahren eingeleitet werden kann:
a) Gemäss Art. 191 SchKG kann sich jeder Schuldner als zahlungsunfähig (insolvent) erklären und so einen Konkurs herbeiführen. Ist ein Unternehmen nicht mehr dazu in der Lage, seine Schulden zurückzuzahlen, ist der Verwaltungsrat dieses Unternehmens dazu verpflichtet, beim zuständigen Kanton ein Konkursverfahren einleiten zu lassen.
b) Doch auch der Gläubiger kann ein Konkursverfahren in die Wege leiten. Dazu reicht er ein Konkursbegehren beim zuständigen Betreibungsamt ein, das im Anschluss eine Konkursandrohung inklusive Zahlungsbefehl an den Schuldner schickt. Diese Einforderung der Schulden ist auch als «Betreibungsverfahren» bekannt. Zahlt der Schuldner nicht, kann der Gläubiger nach 20 Tagen beim zuständigen Konkursrichter die Konkurseröffnung verlangen.
2. Konkurseröffnung
Sind die notwendigen Voraussetzungen erfüllt, wird das Konkursverfahren durch das zuständige Gericht eröffnet.
Ab diesem Moment hat das Unternehmen kein Recht mehr auf die Verwaltung seiner Güter. Dies wird vollständig vom zuständigen Konkursamt übernommen.
3. Konkursverfahren
Nun nimmt das zuständige Konkursamt das Inventar auf. Im Rahmen des Konkursverfahrens wird die Konkursmasse, also das gesamte vorhandene Vermögen des zahlungsunfähigen Unternehmens, verkauft oder auf anderem Wege liquidiert. Diese Konkursmasse dient der Befriedigung sämtlicher Gläubiger.
Allerdings ist bei etwa der Hälfte der Konkursfälle in der Schweiz so wenig Konkursmasse vorhanden, dass damit nicht einmal die Liquidationskosten gedeckt werden können. In diesem Fall beschliesst das Konkursamt, das Konkursverfahren einzustellen. Gläubiger haben das Recht dem zu widersprechen, müssen dann aber das Liquidationsverfahren selbst finanzieren.
Wird das Verfahren nicht eingestellt, entscheidet sich das Konkursgericht für eine der folgenden Verfahrensarten:
a) Summarisches Verfahren: Das summarische Verfahren ist billiger, schneller und effizienter als das ordentliche Verfahren und kommt zur Anwendung, wenn der Fall einfach, beziehungsweise nicht viel Konkursmasse vorhanden ist. In den meisten Fällen wird sich für dieses Verfahren entschieden.
b) Ordentliches Verfahren: Dieses Verfahren kommt meist bei Grosspleiten, also bei der Insolvenz von sehr großen Unternehmen, zur Anwendung. Besonderheit hier ist, dass Gläubigerversammlungen einberufen werden, damit die Gläubiger das Konkursverfahren genau verfolgen können.
4. Verteilung der Konkursmasse
Für die Verteilung der Konkursmasse erhalten sämtliche Gläubiger die Aufforderung, ihre Forderungen einzureichen. Dies wird auch als «Schuldenruf» bezeichnet.
Das Konkursamt prüft sämtliche angemeldete Konkursforderungen und erstellt einen Kollokationsplan, in dem die Gläubiger nach Art. 219 SchKG in einer Rangordnung aufgelistet werden. Gläubiger, die mit dem Kollokationsplan nicht einverstanden sind, haben das Recht, diesen mittels einer Kollokationsklage vor Gericht anzufechten.
Nun werden mit der Konkursmasse zunächst die Kosten, die während des Konkursverfahrens entstandenen sind, beglichen. Der Betrag, der dann noch von der Konkursmasse übrig bleibt, wird anschliessend gemäss dem Kollokationsplan an die Gläubiger weitergegeben.
Können nicht die gesamten Forderungen von allen Gläubigern gedeckt werden, erhalten diese gegebenenfalls einen Verlustschein über den offenen Betrag.
5. Abschluss des Konkursverfahrens
Im Anschluss erstellt das Konkursamt einen Schlussbericht für das Konkursgericht. Der Konkursrichter erklärt den Konkurs als geschlossen und das Konkursamt macht dies öffentlich. Erfolgt kein Einspruch, wird das Unternehmen nun aus dem Handelsregister gelöscht.
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Häufig gestellte Fragen zur Insolvenz
Die eidgenössische Gebührenverordnung zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (GebV SchKG) bildet die Grundlage für die Gebührenerhebung. Wird das Verfahren mangels Aktiven eingestellt, betragen die Kosten etwa CHF 1‘200 bis 1‘500.
Ansonsten können die Kosten stark variieren, da sie von verschiedenen Faktoren abhängen, wie beispielsweise der Komplexität des Falls und des Verfahrenstyps. Bereits die Liquidationskosten betragen meist zwischen CHF 5‘000 und CHF 10‘000.
Das Insolvenzverfahren kann auf verschiedene Arten enden:
a) Sanierung: Wird das Unternehmen als überlebensfähig eingestuft und erscheint eine Sanierung als möglich, kann das Insolvenzverfahren zu einer Restrukturierung und einem Weiterbestehen des Unternehmens führen. Dazu müssen allerdings entsprechende Vereinbarungen mit den Gläubigern getroffen werden.
b) Liquidation und Auflösung: Gibt es keine Möglichkeit zur Sanierung und ist das Unternehmen nicht mehr überlebensfähig, hat dies den Konkurs zur Folge. Die Vermögenswerte werden liquidiert und das Unternehmen wird aufgelöst.
Das Konkursverfahren muss innerhalb von einem Jahr nach der Konkurseröffnung abgeschlossen sein. Die genaue Dauer ist vom Aufwand abhängig.
Grundsätzlich muss der Schuldner für die Kosten des Konkursverfahrens aufkommen, die durch die Insolvenzmasse beglichen werden. Stellt ein Gläubiger das Konkursbegehren und wird dieses mangels Aktiven eingestellt, muss allerdings der Gläubiger die bis dahin entstandenen Kosten bezahlen.
Was viele Unternehmer nicht wissen ist, dass man so früh wie möglich Insolvenz anmelden sollte, um die Abwärtsspirale zu durchbrechen und noch die Möglichkeit zu haben, das Unternehmen zu sanieren. Denn ist ein Unternehmen einmal zahlungsunfähig, dann geht es meist immer weiter bergab – stapeln sich doch immer mehr offene Forderungen, die man nicht mehr bezahlen kann. Hinzu kommen Zinsen und Säumnisgelder, die sich anhäufen.
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