Kennen Sie das? Sie schieben unleidige Aufgaben nur zu gern hinaus? Im privaten Umfeld ist es vielleicht das Ausräumen des Geschirrspülers oder das längst überfällige Aufräumen Ihres Kellers. Im beruflichen Kontext schieben Sie eine Analyseaufgabe vor sich her oder das schriftliche Nachfassen von Kundenkontakten. Egal, um welche Aufgabe es sich handelt und egal, in welchem Umfeld – wir sind Weltmeister was Prokrastination angeht. Ein schwieriges Wort für eigentlich eine ganz einfache Erklärung: Wir schieben Aufgaben hinaus und verschwenden unsere Zeit stattdessen für unnütze Tätigkeiten, wie z. B. das Prüfen unseres Instagram-Feeds. Die eigentlichen Aufgaben werden dann letztlich nur unter (Zeit-)Druck und nicht selten mit viel Stress erledigt. Wir erklären den Begriff «Prokrastination» und zeigen Ihnen, wie Sie davon loskommen und Ihre Zeit effektiver einsetzen.
In diesem Beitrag
ℹ️ Was ist Prokrastination?
Die Prokrastination kommt vom lateinischen Verb «procrastinare», was so viel bedeutet wie «aufschieben» oder «auf Morgen verlegen». Es sagt aus, dass man seine wertvolle und begrenzte Zeit mit unwichtigen Aufgaben verschwendet, statt sich auf die wichtigen Aufgaben zu konzentrieren. Im extremsten Fall kann Prokrastination schwere Folgen haben.
Ein Beispiel extremer Prokrastination
Wenn Sie die Aufgabe «Nahrung zu sich nehmen» permanent prokrastinieren, dann werden Sie irgendwann verhungern. Dies ist selbstverständlich ein sehr extremes Beispiel, zeigt jedoch, welche negativen Auswirkungen Prokrastination haben kann.
Verschiedene Ausprägungen von Prokrastination
Prokrastination ist nicht gleich Prokrastination. Im Folgenden stellen wir unterschiedliche Ausprägungen gegenüber.
Name | Folge | Erklärung |
Prokrastination | Aufschieben von Aufgaben | Aus Angst vor Versagen oder Kritik werden Aufgaben vor sich her geschoben. Man beschäftigt sich lieber mit einfachen Aufgaben. |
Aktive Prokrastination | Selbstgesteuertes Aufschieben von Aufgaben. | Personen mit aktivem Prokrastinationsverhalten wissen, dass sie nur dann gut performen, wenn sie unter Zeitdruck stehen. Sie sorgen daher selbst für den Druck. |
Äussere Einflüsse wirken verstärkt auf das prokrastinierende Verhalten. | Aus Angst vor Fehlern werden Aufgaben vermieden. Der dadurch entstehende Zeitdruck verstärkt die Prokrastination zusätzlich und weitere Aufgaben werden ebenfalls aufgeschoben. | |
Aufgaben werden nicht begonnen. | Man wartet auf die perfekten Umstände, um eine Aufgabe anzugehen. Im schlimmsten Fall kommt es gar nicht zum Erledigen der Aufgabe. | |
Aufgaben werden aufgeschoben bzw. nicht erledigt. | Die Motivation fehlt sowie der eigene Antrieb. Es werden keinerlei Aufgaben erledigt. |
Was sind die Ursachen von Prokrastination?
Die Ursachen für das Aufschieben von wichtigen Aufgaben können sehr unterschiedlich sein. Es ist einfach zu verlockend, einfache und angenehme Aufgaben den zeitintensiven und nervigen Aufgaben vorzuziehen. Zu den wichtigsten Ursachen zählen weniger Faulheit, sondern vielmehr die Angst vor dem Versagen sowie Angst vor Kritik.
Häufig ist es so, dass wichtige Aufgaben auch mit einer gewissen Erwartung einhergehen. Entweder von einem selbst oder vom Auftraggeber (z. B. Chef oder Kunde). Aus Angst, hier nicht die Perfektion zu erreichen, schiebt man diese Aufgabe lieber auf. Auch die Sorge vor Kritik und Unzufriedenheit halten Personen davon ab, sich rechtzeitig mit einer herausfordernden Aufgabe zu beschäftigen. Manche dagegen brauchen erst einen gewissen Zeitdruck, um zu ihrer Höchstform zu kommen und warten daher mit dem Erledigen von Aufgaben bis zum letzten Moment. Doch wirklich stressfrei ist dieses Aufschieben nicht. Sie müssen stattdessen viel länger mit den unangenehmen Gedanken und Gefühlen aushalten, die sie mit dem Aufschieben von Aufgaben sowie der Aufgabe selbst verbinden.
Weitere mögliche Gründe für «Aufschieberitis»:
Zu grosse Ablenkung (z. B. Social Media, TV).
Falsche Priorisierung von Aufgaben (einfachen Aufgaben wird ein viel höherer Wert zugeschrieben).
Abneigung gegenüber der Aufgabe (z. B. Steuererklärung).
Zeitraum für das Erledigen ist zu gross (Verlockung, die Aufgabe aufzuschieben, ist ebenfalls gross).
Körperliche und psychische Beschwerden wie beispielsweise Burn-out oder Depressionen.
Personen, die prokrastinieren, sind keine faule Personen. Sie sind fleissig und erledigen Arbeiten – ziehen jedoch viele kleine Aufgaben den grossen herausfordernden Aufgaben vor.
«Haben Sie nicht auch schon einmal die Frist Ihrer Steuererklärung verlängert? Sind Sie vielleicht auch ein Profi im Prokrastinieren?»
Was sind die typischen Anzeichen von Prokrastination?
Ein schlechtes Zeitmanagement oder unstrukturiertes Verhalten sind häufig Anzeichen, dass eine Person mit Prokrastination kämpft. Ebenso lässt sich häufig davon ausgehen, dass «Aufschieberitis» vorliegt, wenn sich eine Person unrealistische Ziele setzt. Die hohe Wahrscheinlichkeit des Scheiterns verstärkt prokrastinierendes Verhalten zusätzlich.
Ein typisches Anzeichen für Prokrastination liegt auch vor, wenn Sie von Ihrem Arbeitnehmenden trotz Nachfragen noch kein Update zu einer Aufgabe erhalten. Erst kurz vor dem Abgabetermin liefert er Ihnen die Ergebnisse. Dies deutet darauf hin, dass Ihr Mitarbeitender die Aufgabe «aufgeschoben» hat und er diese erst unter Zeitdruck zufriedenstellend erledigen konnte.
Weitere mögliche Anzeichen können ebenfalls für Prokrastination sprechen:
Unruhiges, gestresstes Verhalten
Verlieren in Details bei längst erledigten Aufgaben
Unstrukturiertes Arbeiten
Fahriges Verhalten
Schlechte Konzentration
Wenig bis kaum Struktur im Erledigen von Aufgaben
etc.
Was sind die Folgen von Prokrastination?
Wird eine Aufgabe «prokrastiniert», also aufgeschoben, sind die Folgen relativ einfach abzuleiten. Dazu gehört, dass wichtigen Aufgaben nicht genügend Aufmerksamkeit und Sorgfalt geschenkt wird, dass Aufgaben unter Umständen gar nicht erledigt werden und der Stresspegel bei der betroffenen Person steigt, da die Aufgaben weiter zunehmen.
Je nach Ausprägung der Prokrastination kann es die Person sehr stark belasten und dazu führen, dass gewisse Tätigkeiten gar nicht mehr ausgeführt werden können. Weitere Folgen von Prokrastination sind dann beispielsweise:
Spannungen im Team, die die Produktivität beeinflussen
Nicht Beenden des Studiums oder der Ausbildung
Arbeitsplatzverlust
Psychische Beschwerden wie Burn-Out und in Folge Arbeitsunfähigkeit
Verpassen von Karrieremöglichkeiten oder Aufstiegschancen
Wenn Prokrastination zur ernsthaften Krankheit wird
Wir alle haben sicher schon einmal die ein oder andere Aufgabe aufgeschoben. Sei es die Steuererklärung, das Bezahlen von Rechnungen oder der Grosseinkauf. Dass wir uns lieber auf angenehme Aufgaben konzentrieren, die uns Freude machen, ist auch sehr gut nachvollziehbar und menschlich. In diesen Fällen ist die Prokrastination nicht so weit ausgeprägt, dass man von einem Krankheitsbild sprechen könnte.
Es gibt jedoch auch Fälle, bei denen die «Aufschieberitis» derart stark ausgebildet ist, dass man von einer ernstzunehmenden Erkrankung spricht. In diesem Fall liegt unter Umständen eine psychische Erkrankung vor, die mit anderen Störungen einhergeht oder diese begünstigt. In diesem Falle sollte man dringend eine Behandlung angehen.
Welche Tipps helfen gegen Prokrastination?
Die «Aufschieberitis» muss Ihnen kein Kopfzerbrechen bereiten und auch keine Angst in Ihnen schüren. Wir geben Ihnen sechs hilfreiche Tipps, wie Sie aus dem Teufelskreis der Prokrastination ausbrechen können.
Tipp 1: Folgen Sie einer täglichen Routine
Wenn Sie sich einen effizienten Tagesablauf planen und diesen zur täglichen Routine werden lassen, fällt es viel schwerer in alte Gewohnheiten zu fallen und Aufgaben «aufzuschieben». Sie profitieren von den geplanten Tagesabschnitten und Ablenkungen wie das TV-Programm, die sozialen Medien oder das Telefonat mit der besten Kollegin haben eine geringere Chance. Ihr Fokus ist dank des vorab strukturierten Tagesplans bereits klar verteilt. So lassen sich Aufgaben schneller und effizienter erledigen und es ermöglicht Ihnen, Ihre verfügbare Zeit optimal einzusetzen.
«Ein guter Plan ist das A & O: Strukturiertes und organisiertes Arbeiten hilft, Prokrastination zu verhindern.»
Tipp 2: Überprüfen Sie Ihre Arbeitsumgebung
Schauen Sie genau hin – wie geordnet ist Ihr Arbeitsplatz? Der Platz oder der Raum um diesen Arbeitsplatz? Gleicht dieses Bild purem Chaos oder ist alles geordnet und aufgeräumt? Auch die Ordnung auf und um den Schreibtisch kann aussagen, wie sehr Sie der Prokrastination verfallen können. Finden Sie Informationen oder Notizen zur Aufgabe nicht mehr, fällt es leicht, diese aufzuschieben. Wenn Ihr Platz ordentlich und für Sie einladend gestaltet ist, dann fällt es Ihnen sicherlich leichter, sich auf unangenehme Aufgaben zu konzentrieren. Probieren Sie es aus.
Tipp 3: Erledigen Sie Unangenehmes zuerst
Sicher kennen Sie die Redewendung «Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen.» Schon dieser Spruch wollte aussagen, dass man lieber zuerst Unangenehmes erledigt und sich im Anschluss ausruhen darf. Während hier vermutlich eher die Freizeit gemeint ist, lässt sich dies ebenfalls auf die Prokrastination anwenden. Wenn Sie die Aufgabe, die Ihnen am meisten auf dem Magen liegt und Ihnen Kopfzerbrechen bereitet, dann sollten Sie genau diese Aufgabe als erstes anpacken. Wenn Sie das geschafft haben, profitieren Sie nicht nur von einem Erfolgsgefühl, sondern auch von mehr Zeit und damit weniger Stress, um die weiteren, weniger wichtigen Aufgaben abzuarbeiten.
Tipp 4: Belohnen Sie sich
Zu prokrastinieren fällt leicht. Wie also soll man diesem Problem aus dem Weg gehen? Am besten ist es, wenn Sie sich eine Belohnung für die erfolgreiche Erledigung genau der Aufgabe versprechen, die Sie am liebsten aufschieben würden, bzw. vor der Sie sich drücken. Somit ist der Anreiz, die Aufgabe anzugehen, höher als das Verlangen, diese aufzuschieben. Hier können Sie gerne unterschiedliche «Belohnungsvarianten» testen und herausfinden, welche für Sie den höchsten Reiz darstellt. Ist es vielleicht, dass Sie sich eine halbe Stunde Auszeit mit Ihrem Lieblingsroman gönnen? Ist es ein ausgiebiges Mittagessen mit einem guten Freund? Ist es das neue Equipment für Ihr Homeoffice, dass Sie sich endlich anschaffen? Den Varianten sind keine Grenzen gesetzt. Die Belohnung sollte dafür selbstverständlich im Verhältnis zur Aufgabe stehen. Eine Woche Malediven-Ferien sind sicher keine angemessene Belohnung im Gegenzug für die Erstellung eines routinemässigen Reportings für Ihren Chef.
Tipp 5: Teilen Sie Ihre Ziele
Wenn Sie Ziele oder Aufgaben haben, die Sie bis zu einem gewissen Zeitpunkt erreicht bzw. erledigt haben möchten, teilen Sie diese Information mit Arbeitskollegen, Freunden oder Familie. Dies erhöht den Druck auf Sie, sich wirklich mit dieser Aufgabe auseinanderzusetzen und reduziert das Verlangen nach dem Aufschieben.
Tipp 6: Setzen Sie auf die 80/20 Regel
Die 80/20 Regel, die auch bekannt ist als Pareto Prinzip hilft Ihnen, vom ungesunden Perfektionismus abzulassen und sich auf die wirklich wichtigen Dinge zu fokussieren. Die Regel besagt, dass, je nach Situation und Aufgabe, manchmal gar kein 100-prozentiger Einsatz wirtschaftlich ist. Mit dieser Regel lässt sich Ihr Zeitmanagement optimieren, sodass Sie das Beste aus Ihrer verfügbaren Zeit herausholen können.