Der sogenannte Nettolohnausgleich verfolgt das Ziel, Fairness am Arbeitsplatz zu schaffen. Denn ohne einen Nettolohnausgleich kann es aufgrund von steuerlichen Begünstigungen vorkommen, dass arbeitsunfähige Arbeitnehmende einen höheren Lohn erhalten als die arbeitenden Kollegen – um Unzufriedenheit am Arbeitsplatz vorzubeugen, sollte dies möglichst vermieden werden. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie anhand von konkreten Beispielen, was der Nettolohnausgleich in der Schweiz ist, wie Sie ihn berechnen können und ob er rechtlich überhaupt erlaubt ist.
In diesem Beitrag
Was ist ein Nettolohnausgleich?
ℹ️ Ein Nettolohnausgleich sorgt dafür, dass ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer bei steuerlich begünstigtem Krankengeld, Unfalltagegeld o. Ä. nicht mehr verdient als seinen regulären Nettolohn. Die Differenz zwischen dem Taggeld und dem normalen Nettolohn wird ausgeglichen, um finanzielle Vorteile gegenüber den Kollegen zu vermeiden.
Wann ist ein Nettolohnausgleich ratsam?
Wird ein Mitarbeitender arbeitsunfähig, beispielsweise aufgrund von Krankheit, einem Unfall, Militärdienst oder Mutterschaft, dann erhält er Lohnfortzahlungen beziehungsweise Lohnersatzleistungen in Form von Krankentagegeld, Unfalltagegeld, EO-Tagegeld oder eine andere Form der Unterstützung durch Dritte.
Anders als auf den Lohn, müssen auf diese Taggelder keine oder geringere Sozialversicherungsbeiträge bezahlt werden. Dies führt dazu, dass in der Lohnabrechnung geringere Abzüge fällig werden, womit der Nettolohn dadurch höher ausfällt als bei herkömmlichen Lohnzahlungen.
Der arbeitsunfähige Mitarbeitende wird also überentschädigt, was zu Unfairness gegenüber den übrigen Mitarbeitenden des Unternehmens führt. Dies kann nicht nur Unzufriedenheit zur Folge haben, sondern auch die Tendenz zunehmender Arbeitsausfälle der Mitarbeitenden.
Nun kommt der Nettolohnausgleich ins Spiel. Der Arbeitgeber kann die Lohnabrechnung so anpassen, dass der arbeitsunfähige Mitarbeitende nur den Nettolohn erhält, den er auch ohne Arbeitsunfähigkeit erhalten hat.
«Ein Nettolohnausgleich wird also vorgenommen, um sicherzustellen, dass der Nettolohn eines Arbeitnehmers im Abwesenheitsfall nicht höher ist als sein reguläres Einkommen.»
Vorteile des Nettolohnausgleichs
- Keine Übervorteilung eines Mitarbeitenden bei Ausfall.
Stimmung im Team wird nicht negativ beeinflusst.
Zusammenarbeit sowie kollegiales Miteinander werden gefördert.
Kein Anreiz zur unnötigen Verlängerung des Ausfalls (z. B. bei Krankheit).
Faire und transparente Lohnabrechnungen stärken die Bindung zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitenden.
Vereinfachtes Beispiel eines Nettolohnausgleichs
Frau Schmidt verdient monatlich CHF 2‘500 Bruttolohn. Davon bleibt nach Abzügen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen CHF 1‘700 Nettolohn übrig.
Sie erkrankt schwer und erhält Krankengeld, das 80% ihres Bruttogehalts ausmacht. Somit erhält sie brutto CHF 2‘000. Zwar ist ihr Bruttolohn nun geringer, allerdings ist das Krankengeld steuerlich begünstigt und wird weniger stark besteuert als der normale Lohn, wodurch netto CHF 1‘800 übrigbleiben.
Sie würde nun also CHF 100 mehr Nettolohn erhalten als ihr regulär zusteht. Damit sie trotz der steuerlichen Begünstigung weiterhin ihren regulären Nettolohn erhält, wird durch ihren Arbeitgeber ein Nettolohnausgleich vorgenommen. Er zieht CHF 100 ab, sodass Frau Schmidt während ihrer Abwesenheit aufgrund von Krankheit nicht mehr verdient als während ihrer regulären Arbeitszeit.
Wie wird ein Nettolohnausgleich berechnet?
Es gibt zwei zulässige Methoden, um den Nettolohnausgleich zu berechnen: Der einfache Nettolohnausgleich und die Bruttolohnkappung.
Zunächst muss der reguläre Nettolohn des Arbeitnehmers ermittelt werden, den er für seine Arbeitsleistung erhält. Dies ist das Gehalt nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben.
Beispiel: Die vereinfachte Lohnabrechnung eines arbeitenden Mitarbeitenden. Der Mitarbeitende erhält einen vertraglich festgelegten monatlichen Bruttolohn von CHF 7‘450.
Lohn und Zulagen (einer vereinfachten Lohnbuchhaltung)
Bezeichnung | Total |
Monatslohn | CHF 7‘000.00 |
Kinderzulagen | CHF 450.00 |
Bruttolohn | CHF 7‘450.00 |
Die Abzüge werden nun auf Basis des gesamten Monatslohns abzüglich der Kinderzulagen berechnet.
Abzüge (einer vereinfachten Lohnbuchhaltung)
Bezeichnung | Basis | Ansatz | Total |
AHV-Beitrag | CHF 7‘000.00 | 5,3% | CHF –371.00 |
ALV-Beitrag | CHF 7‘000.00 | 1,1% | CHF –77.00 |
NBU-Beitrag | CHF 7‘000.00 | 1,05% | CHF –73.50 |
PK/BVG-Beitrag |
|
| CHF –300.00 |
KTG-Beitrag | CHF 7‘000.00 | 0,6% | CHF –42.00 |
Total |
|
| CHF –863.50 |
Nettolohn: CHF 7450.00 – CHF 863.50 = CHF 6‘586.50
Nettolohn | CHF 6‘586.50 |
1. Einfacher Nettolohnausgleich
Beim einfachen Nettolohnausgleich wird am Ende der Lohnabrechnung der Nettolohn mit und ohne Taggelder verglichen. Nun wird das Schlussergebnis entsprechend korrigiert, indem der Nettolohnausgleich angewandt wird. Dadurch entspricht der ausbezahlte Lohn dem Nettolohn ohne Taggelder.
Beispiel:
Lohn und Zulagen (einer vereinfachten Lohnbuchhaltung)
Bezeichnung | Total |
Monatslohn | CHF 7‘000.00 |
Unfalltaggeld Juli | CHF 4‘000.00 |
Korrektur Ersatzleistungen | CHF –4‘000.00 |
Kinderzulagen | CHF 450.00 |
Bruttolohn | CHF 7‘450.00 |
Die Abzüge werden nun lediglich auf Basis des Monatslohns von CHF 3‘000 berechnet, der Betrag des Taggelds und die Kinderzulagen werden ausser Acht gelassen.
Abzüge (einer vereinfachten Lohnbuchhaltung)
Bezeichnung | Basis | Ansatz | Total |
AHV-Beitrag | CHF 3‘000.00 | 5,3% | CHF –159.00 |
ALV-Beitrag | CHF 3‘000.00 | 1,1% | CHF –33.00 |
NBU-Beitrag | CHF 3‘000.00 | 1,05% | CHF –31.50 |
PK/BVG-Beitrag |
|
| CHF –300.00 |
KTG-Beitrag | CHF 3‘000.00 | 0,6% | CHF –18.00 |
Total Abzüge |
|
| CHF –541.50 |
Zieht man nun die Abzüge vom Bruttolohn ab, kann der Nettolohn aus dem Taggeld mit dem regulären Nettolohn verglichen werden. Ergibt sich dabei ein höherer Wert als der herkömmliche Nettolohn, kann ein Nettolohnausgleich vorgenommen werden.
Nettolohn = CHF 7‘450 – CHF 542.50 = CHF 6‘907.50
Um die Höhe des notwendigen Nettolohnausgleichs zu erhalten, wird der reguläre Nettolohn vom durch das Taggeld verfälschten Nettolohn abgezogen. Indem die Differenz als Nettolohnausgleich einbehalten wird, erhält der Arbeitnehmende am Ende nur so viel netto, wie im regulären Arbeitsverhältnis.
Nettolohnausgleich = CHF 6‘907.50 – CHF 6‘586.50 = CHF 321.00
Nettolohnausgleich | CHF –321.00 |
Nettolohn | CHF 6‘586.50 |
2. Bruttolohnkappung
Anders als beim einfachen Nettolohnausgleich wird bei der Bruttolohnkappung der Nettolohn nicht am Ende korrigiert, sondern bereits vor der Berechnung der Sozialversicherungsabzüge.
Hierzu spielt das Lohnbuchhaltungsprogramm sämtliche Beträge durch, bis es den Betrag des Nettolohnausgleichs ermittelt hat, der nach Verrechnung mit den Sozialversicherungsbeiträgen dem regulären Nettolohn des Mitarbeitenden entspricht. Da dies Probleme bei weiteren Abrechnungen verhindert, ist diese Methode trotz der aufwändigeren Berechnung dem einfachen Nettolohnausgleich vorzuziehen.
Beispiel:
Lohn und Zulagen (einer vereinfachten Lohnbuchhaltung)
Bezeichnung | Total |
Monatslohn | CHF 7‘000.00 |
Nettolohnausgleich | CHF –350.19 |
Unfalltaggeld Juli | CHF 4‘000.00 |
Korrektur Ersatzleistungen | CHF –4‘000.00 |
Kinderzulagen | CHF 450.00 |
Bruttolohn | CHF 7‘099.81 |
Abzüge (einer vereinfachten Lohnbuchhaltung)
Bezeichnung | Basis | Ansatz | Total |
AHV-Beitrag | CHF 2‘649.81 | 5,3% | CHF –140.44 |
ALV-Beitrag | CHF 2‘649.81 | 1,1% | CHF –29.15 |
NBU-Beitrag | CHF 2‘649.81 | 1,05% | CHF –27.82 |
PK/BVG-Beitrag |
|
| CHF –300 |
KTG-Beitrag | CHF 2‘649.81 | 0,6% | CHF –15.90 |
Total Abzüge |
|
| CHF –513.31 |
Nettolohn = CHF 7‘099.81 – CHF 513.31 = CHF 6‘586.50
Nettolohn | CHF 6‘586.50 |
Ist ein Nettolohnausgleich rechtlich erlaubt?
Es gibt einige Kontroversen bezüglich des Nettolohnausgleichs in der Schweiz. Schliesslich ist der Bruttolohn des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag festgelegt und darf nicht einfach so vom Arbeitgeber nach unten korrigiert werden. Dennoch gibt es bis heute keine Rechtsprechung bezüglich des Nettolohnausgleichs.
Am besten ist es darum, im Arbeitsvertrag festzulegen, wie im Falle einer Arbeitsunfähigkeit und zur Vermeidung einer Überentschädigung vorgegangen wird. Dann steht dem Nettolohnausgleich rechtlich gesehen nichts entgegen.